Viele Unterhaltspflichtige erhalten in diesen Tagen Post mit Unterhaltsforderungen, die sie nicht mehr bezahlen können. FSI bietet im Rahmen seiner Sozialberatung konkrete Handlungsmöglichkeiten in dieser Notlage.
Die Unterhaltssätze der Düsseldorfer Tabelle sind seit 2020 um rund 30% gestiegen. Gleichzeitig finden Inflation und Kostensteigerungen für die Politik immer nur an der Meldeadresse statt. Der Selbstbehalt deckt in vielen Fällen nicht mehr das sächliche Existenzminimum ab. Selbst bei umfassender Mitbetreuung haben Kinder laut Unterhaltsrecht keinerlei Bedarfe im zweiten Haushalt. Will man diese dennoch geltend machen, so trifft man auf eine Familiengerichtsbarkeit, die der juristischen Illusion nachhängt, den Kindern ginge es umso besser, je mehr Geld an die Meldeadresse transferiert wird.
Diese Gemengelage erzeugt bei vielen Betroffenen ein Gefühl des Ausgeliefertseins. Existenzbedrohende Geldforderungen sind gleichzeitig mit massiven staatlichen Durchgriffsrechten versehen. Viele Betroffene sind von Verschuldung, Pfändung, teilweise Wohnungsverlust bedroht. Gleichzeitig beraten die Beistandschaften der Jugendämter - aus Unwissen oder Vorsatz - ausschließlich einseitig.
In dieser Situation möchten wir Betroffene dabei unterstützen, wieder in eine aktive Handlungsposition zu kommen. Sie haben im Prinzip zwei Optionen:
Da der Selbstbehalt inzwischen - insbesondere bei Mitbetreuung - meist unter dem grundgesetzlich garantierten Existenzminimum liegt, können Sie Ihr Einkommen auf das sächliche Existenzminimum aufstocken lassen. Dazu müssen Sie einen Antrag auf Bürgergeld bei Ihrem zuständigen Jobcenter stellen.
Wie dies geht, haben wir in unserem
Leitfaden zur Existenzsicherung bei Unterhaltspflicht
für Sie zusammengestellt.
Gehen Sie diesen Weg insbesondere dann, wenn...
Wenn Sie bisher mit Beistandschaften und Familiengerichten zu tun hatten, werden Sie beim Jobcenter eine völlig neue Erfahrung machen: Sie erhalten Unterstützung. Ihre tatsächlichen Kosten und Bedarfe werden plötzlich gesehen.
Die folgende zweite Option setzt bei Ihren Grundrechten an und ist daher grundsätzlicher und konfliktträchtiger.
Bereits nach aktueller Rechtslage können Selbstbehalt und Unterhaltshöhe entsprechend Ihrer realen Lebenssituation berücksichtigt werden. Das Problem: Bei den Jugendämtern und Familiengerichten wendet man zur "Rechtsvereinfachung" schon so lange die Düsseldorfer Tabelle an, dass man sich an das Grundgesetz gar nicht mehr erinnern kann. Den meisten gerichtsnahen Profressionen ist daher kognitiv nicht zugänglich, dass nur tatsächlich vorhandenes Geld verteilt werden kann und Kinder bei Mitbetreuung auch in Ihrem Haushalt Bedarfe haben.
Das Grundgesetz garantiert das Existenzminimum und das SGB II buchstabiert die konkrete Höhe aus. Somit ist es grundgesetzwidrig, wenn der Selbstbehalt unter Ihrem sächlichen Existenzminimum liegt. Darüber hinaus ist die Düsseldorfer Tabelle weder Gesetz noch Rechtsverordnung, sie besitzt keinerlei rechtsstaatliche Legitimierung. Ihre gesetzesgleiche Anwendung ist daher rechtswidrig.
Für diese Handlungsoption müssen Sie nun die Arbeit der Beistandschaft selbst machen und die Eckdaten des Barunterhalts (Selbstbehalt, Unterhaltsfähigkeit und Unterhaltshöhe) eigeninitiativ ermitteln. Hierzu empfehlen wir folgendes Vorgehen:
Um den tatsächlichen Selbstbehalt und die Bedarfe der Kinder geltend zu machen, stellen wir folgendes
Antwortschreiben zur Unterhaltsforderung
zur Verfügung. Hierbei müssen alle gelb markierten Stellen an Ihren Fall angepasst werden. Für die Berechnung haben wir eine Tabelle zur
Bestimmung von Existenzminimum und Barunterhalt
erstellt.
Gehen Sie davon aus, dass man alle Ihre Argumente ignorieren und vom Tisch wischen wird. Was nicht passt, wird passend gemacht. Beistände und Familienrichter werden ihr bisheriges Agieren wohl kaum in Frage stellen.
Gehen Sie diesen Weg daher nur, wenn...
Wir leben in einem Rechtsstaat. Der Rechtsweg steht jedem offen, der ihn bezalen kann.
Schreiben Sie dem Bundestagsabgeordneten Ihres Wahlkreises. Schreiben Sie gerne auch unserem Bundesjustizminister, der derzeit eine völlig wirkungslose Unterhaltsreform auf den Weg bringt. Oder Sie fragen unsere Bundesfamilienministerin, warum es in ihrem Haus bis heute keine Daten zu den Gründen von Unterhaltsausfall gibt. Sie können sich auch an die Mitglieder des Familienausschusses wenden. Auch dort spricht man nicht so gerne über die gesellschaftlichen Auswirkungen des aktuellen Unterhaltsrechts.
Stellen Sie Fragen, werden Sie unbequem, machen Sie Ihre Situation sichtbar für den Politikbetrieb.
(Edit 04.01.2024: Einarbeitung Feedback Leifaden und kleinere Korrekturen)