Wünscht das BMFSFJ Aktive oder Passive Vaterschaft für Trennungsfamilien?

27. Dezember 2022

FSI nahm am 16. Dezember 2022 am vom BMFSFJ finanzierten Virtuellen Bündnisdialog der „Lokalen Bündnisse für Familie“ mit dem Thema „Aktive Vaterschaft – Zwischen Wunsch und Wirklichkeit“ teil.

Das BMFSFJ hatte Dr. David Juncke, Vizedirektor und Leiter Abteilung Familienpolitik der Prognos AG für das Hauptreferat beauftragt. Darin präsentierte Dr. Juncke einige bekannte, jedoch auch neue Erkenntnisse.

Aktueller Bezug (Corona):

Dr. Juncke räumte mit der Mär von einer vermuteten „Retraditionalisierung“ der Elternrollen währen der Corona-Pandemie auf; Väter haben in dieser Zeit signifikant höhere Betreuungsleistungen als zuvor erbracht.

„Intakte“ Familien:

Hauptsächlich bezog sich Dr. Juncke jedoch auf „intakte“ Familien. Die Lebenswirklichkeiten von Vätern in Trennungsfamilien – heute knapp die Hälfte aller Familienformen – streifte er lediglich.

Hinweise FSI bezüglich Trennungsfamilien:

FSI verwies in seinem statement auf die Politik, die sich mitunter immer noch schwertue, in Trennungsfamilien überhaupt (aktive) Vaterschaft erkennen und anerkennen zu können.

So erlaube es die aktuelle Fassung des Mikrozensusgesetzes nicht, in Trennungsfamilien die zweiten Haushalte der betreuenden Eltern (zwischen 90 % und 95 % Väter) statistisch zu erfassen.

Wollen die Eltern in den zweiten Haushalten ihre Kinder betreuen („aktive Vaterschaft“), so honoriert dies das Sozialrecht: Also, wenn beide Eltern Bürgergeld in Anspruch nehmen. Anders das Familienrecht: Die Betreuungsleistungen der Eltern (getrennt erziehende Väter) in den zweiten Haushalten werden weder unterhaltsrechtlich noch steuerrechtlich gewürdigt. Es gilt weiterhin: „einer bezahlt – eine betreut“ mit 100 % Barunterhaltspflicht für die zweiten Eltern. Obwohl diese Eltern ihre Kinder möglicherweise zu 30 %, 40 % oder bis zu 49 % der Zeit betreuen.

Politik, Familienrechtssystem und die Forschung ignorieren konsequent den Anteil des Existenzminimums der Kinder, der in der betreuten Zeit im zweiten Haushalt anfällt.

Wertung durch FSI:

Die Veranstaltung bot eine große Chance, auf die vorhandenen Defizite zu blicken, um schnellstmöglich im Rahmen der anstehenden Familienrechtsreform zeitgemäße Lösungen umzusetzen. Die Zivilgesellschaft erwartet dies; sie wurde jedoch inhaltlich enttäuscht.

Für Trennungsfamilien gilt weiterhin die Aussage:

Die Politik befördert erzwungene „Passive Vaterschaft“.

Wie soll ein geschiedener Vater seine „aktive Vaterschaft“ leben können, wenn er durch das bundesdeutsche Familienrecht zu „erhöhter Erwerbsobliegenheit“ gezwungen wird (48 Stunden Erwerbsarbeit pro Woche)? Die Betreuung der Kinder und die Entlastung der getrennt erziehenden Mütter sind so schlicht nicht möglich.

Tendenziöse Schluss-Collage:

Am Ende der Veranstaltung wurden in einer Grafik Schlagworte eingeblendet, die viele in der Diskussionsrunde angesprochene Themen widerspiegeln sollten.

Das Thema „Trennungsväter“ erschien dabei nicht. Es wurde zensiert.

So mutierte die Veranstaltung mit eigentlich gutem Ansatz zu einer „Alibi-Veranstaltung“. Das BMFSFJ versäumte es, eine Art Aufbruch / kick off für das Implementieren einer zeitgemäßen Aufteilung der Betreuung der Kinder – auch in Trennungsfamilien und im Hinblick auf eine gerechte Aufteilung von Barunterhalt auf beide Trennungshaushalte anzuschieben.

Der Vertreter des BMFSFJ, Herr Marc Nellen, Leiter Abteilung 2 Familie, wich der Frage der Moderatorin nach der Umsetzung der von der EU angemahnten Elternzeit für Väter aus und verweigerte die Antwort. Ist so Aktive Vaterschaft wirklich Thema im BMFSFJ?

Hier gehts zur Aufzeichnung des Vortrags und der Interviews auf YouTube.

Nachfolgend einige Schaubilder aus dem Vortrag von Prognos AG:

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